Cold Chain Medicines

Heißes Thema für die Pharmaindustrie,- logistik und Gesundheitssysteme

Im Zuge der Verteilung der ersten COVID-19 Vakzine wurden auch in Österreich die logistischen Herausforderungen der Kühl- bzw. Gefrierketten im pharmazeutischen Bereich einer breiteren Öffentlichkeit bewusst. Das Skalieren der Netzwerke der globalen Kühlkette – das heißt die Sicherstellung durchgehender Temperaturkontrolle vom Erzeuger bis zum Patienten – war insbesondere in Ländern mit schwächer ausgebauter Infrastruktur eine große Herausforderung.

Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die sogenannten „Cold Chain Medicines“ auch über Impfstoffe hinaus ein Bereich wachsender Bedeutung für den Pharmamarkt sind. Dies hat das Thought Leadership Team von IQVIA zum Anlass genommen, eine Analyse zum „Cold Chain Medicines“-Marktsegment durchzuführen, die durch Kombination von IQVIA Daten mit öffentlichen verfügbaren Informationen eine Einordnung von Größe, Bedeutung sowie Herausforderungen zum Ziel hat.

 

Was sind “Cold Chain Medicines”?

Unter “Cold Chain Medicines” werden jene Produkte verstanden, die eine ununterbrochene temperaturkontrollierte Lieferkette zur Sicherung der Qualität benötigen, die von der Produktion über Lagerung und Verteilung bis zur Anwendung reicht. Als gängigste Vertreter dieser Gruppe an Arzneimitteln sind Vakzine und Biologika zu nennen.

Die Information, welche Arzneimittel eine durchgängig temperaturkontrollierte Umgebung benötigen, ist nicht einfach zu eruieren. Das IQVIA Thought Leadership Team hat daher eine Methode erarbeitet, um dieser Herausforderung zu begegnen. So konnte eine Liste von 564 Substanzen, die eine durchgängige Kühlkette benötigen, für die weitere Analyse erstellt werden. Vakzine und COVID-19 Therapien, auf welche diese Anforderung ebenfalls zutrifft, wurden in dieser Aufstellung aufgrund spezieller Distributionskanäle ausgenommen.

Gekühlte oder gefrorene Medikamente haben zu den herkömmlichen Arzneimitteln (im Sinne der Analyse als „Ambient Temperature Medicines“, also Umgebungstemperatur-Medikamente klassifiziert) einen erheblich energieintensiveren Lifecycle. Aus Warte der Erreichung der ambitionierten ESG-Ziele (environmental, social and governance goals) stellen sie daher eine besondere Herausforderung mit steigender Bedeutung dar, welche durch den aktuellen inflationären Druck auf die Versorgungskette noch erschwert wird.

 

Die Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung des Marktsegments:

Das Segment der Cold Chain Medicines ist ein high value/low volume market.

Während sie mit einer Menge von ca. 6 Mrd. Einheiten nur etwa 0,2% aller Arzneimittel ausmachen, erreichen sie damit einen beachtlichen Umsatzanteil von ca. 32% bzw. ca. USD 384 Mrd. Anteilmäßig stellen in dieser Gruppe vor allem Antidiabetika (38%), dermatologische Produkte (17%) und Hormonpräparate (6%) die wichtigsten Vertreter dar. Nach Umsatz sind immunologische Präparate (30%), Onkologika (23%) und Antidiabetika (20%) führend.

 

 

Den größten Anteil am „Cold Chain Medicines“-Markt machen dabei die führenden Pharmaunternehmen aus. Die Top-20 der Industrie besitzen einen Anteil von 86% in diesem Segment, während ihr Anteil im „Ambient Temperature Medicines“-Markt bei 50% liegt. Der Trend zeigt eine Verstärkung dieser Situation: in den vergangenen fünf Jahren hat der Anteil der Top-20 sogar um 10% zugenommen.

In den letzten 5 Jahren haben Cold Chain Medicines sowohl höheres kurz- wie auch langfristiges Wachstum nach Um- und Absatz gezeigt. Die CAGR (compound annual growth rate) von 2017 bis 2022 zeigt nach Menge ein Wachstum der Cold Chain Produkte um 6%, während die Ambient Teperature Produkte nur um 3% gewachsen sind. Nach Umsatz sind die Cold Chain Produkte sogar um 13% gewachsen, während der restliche Markt mit einem Wachstum von 3% deutlich darunter lag. Cold Chain Produkte sind damit auch für das deutlich höhere Durchschnittswachstum von 6% verantwortlich.

 

 

Herausforderungen und Potentiale für die Zukunft:

Die Analyse zeigt, dass der Markt der „Cold Chain Medicines“ ein bedeutendes Segment ist, das in den letzten Jahren im Vergleich zu den Umgebungstemperaturprodukten durchwegs höhere Wachstumsraten aufweist und damit für die Industrie natürlich von besonderem Interesse ist. Gleichzeitig zeigt die Analyse auch spezielle Herausforderungen und Chancen:

Aus logistischer Warte stellt die Beherrschung der Kühl- und Gefrierketten sowohl Industrie als auch Versorgungssysteme vor enorme Herausforderungen. Die Integrität der Kühl- bzw. Gefrierketten von Fabrik zu PatientIn durchgängig aufrecht zu erhalten, ist zentraler Baustein für den Erfolg in diesem Bereich. Insbesondere Temperaturschwankungen auf der „last mile“ der Lieferkette müssen behoben werden – Schätzungen der WHO gehen etwa bei Impfstoffen von bis zu 50% Verlust durch Unterbrechungen der Kühlkette, insbesondere in Entwicklungsländern mit weniger gut ausgebauter Infrastruktur, aus.

Aus ökologischer Sicht wird die Herausforderung sein, den deutlich höheren Impact der gesamten „Cold Chain“-Kette zu reduzieren. Potentielle Ansatzpunkte sind sowohl die Nutzung weniger umweltschädlicher Treibstoffe bzw. Lieferflotten, aber auch eine Verkürzung der Transport- und damit Kühlwege durch näher am Endpunkt stattfindende Produktion.

Zuletzt bietet biomedizinische Innovation selbst Potential zur Minderung der Herausforderungen, sofern es gelingen sollte, durch verbesserte Arzneimittelrezepturen oder Darreichungsplattformen die Stabilität und damit die Kühlanforderungen zu reduzieren.

Das vollständige White Paper „Pharma’s Frozen Assets – Cold Chain Medicines“ steht Ihnen bei Interesse unter folgendem Link zur Verfügung:
https://www.iqvia.com/library/white-papers/pharmas-frozen-assets

 

Für Fragen wenden Sie sich an:
Bernhard Hattinger

IQVIA Marktforschung GmbH
Stella-Klein-Löw-Weg 15, 1020 Wien
E-Mail: berhard.hattinger@iqvia.com