Pertussis in Österreich
Pertussis in Österreich als Beispiel für die Herausforderungen im österreichischen Impfwesen
Es ist wissenschaftlich unbestritten, dass Schutzimpfungen zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen in der Medizin gehören. Geimpfte sind im Regelfall vor der entsprechenden Krankheit geschützt und Krankheiten, die nur von Mensch zu Mensch übertragen werden, können bei einer entsprechend hohen Durchimpfungsrate eliminiert werden. Zudem schützen Impfungen bei entsprechender Verbreitung auch jene Menschen, die aus medizinischen Gründen selbst nicht geimpft werden können.
Österreich besitzt mit dem Nationalen Impfplan eine gut ausgestaltete Grundlage, die alle Impfempfehlungen des nationalen Impfgremiums für Österreichs Bevölkerung enthält. Insbesondere das darauf basierende Kinderimpfprogramm ist zudem gut ausgebaut und umfasst die Mehrzahl der empfohlenen Impfungen für Kinder und Jugendliche. So war Österreich zum Beispiel eines der wenigen Länder, das die HPV-Impfung für Mädchen und Buben kostenfrei in ein solches Programm aufgenommen hat.
Allerdings zeigen internationale Vergleiche, dass Österreich nicht durch seine Impfraten glänzt – das betrifft sowohl saisonale Impfungen wie Grippe, als auch gesellschaftlich relevante Grundimmunisierungen. Ein Umstand, der von der Standesvertretung der Apotheker vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungswerte zum Modell der Impfung in der Apotheke wiederholt thematisiert wurde.
Im Zuge der letzten Gesundheitsreform wurden auch Pläne für eine schrittweise Stärkung des nationalen Impfangebotes gesetzt. Um zusätzliche Impfungen kostenlos oder vergünstigt anzubieten, werden jährlich rund 90 Mio. Euro bereitgestellt mit dem Ziel, die Durchimpfungsraten in Österreich nachhaltig zu verbessern. Erste Umsetzungsschritte auf dem Weg zum Ausbau des Impfangebots für Erwachsene entlang der Prioritäten des österreichischen Impfplans wurden gesetzt.
Verschlechterung im Gefolge der Corona-Pandemie
Impfungen haben während der Corona-Pandemie teils den gesellschaftlichen Diskurs dominiert und eine bis dahin und seither unerreichte gesellschaftliche Visibilität erreicht. Jedoch kommen die Experten zum Schluss, dass hierdurch mitunter andere, höchst relevante Impfungen aus dem Fokus geraten sind. Daher enthält der aktuelle Impfplan auch die Feststellung, dass derzeit vor allem wieder Anstrengungen zur Reduktion des Erkrankungsrisikos an Krankheiten wie Masern, Influenza und auch Pertussis notwendig werden:
2014 wurden lt. Angaben des Nationalen Impfplans noch 370 Pertussis-Fälle in Österreich gemeldet. Eine Kombination aus Faktoren hat diese Zahlen erheblich in die Höhe schnellen lassen: einerseits kam es aufgrund der Einschränkungen während der COVID-19-Pandemie zu einer geringeren Zirkulation von B. pertussis und damit zu einer geringeren natürlichen Kontaktfrequenz, andererseits ist eine gleichzeitige schlechte Immunitätslage von nur ca. 20% der Bevölkerung mit ausreichender Pertussisimmunität gegeben.
So wurden 2023 bereits 2.791 gemeldete Pertussisfälle in Österreich registriert, ein Trend der sich fortgesetzt hat: bis 25.09.2024 wurden bereits 12.143 Pertussis-Fälle gemeldet, wozu der Nationale Impfplan ernüchternd festhält: „Das entspricht annähernd dem Infektionsgeschehen des Jahres 1959, sprich vor Einführung des nationalen Impfprogrammes.“
Eine rasche Eindämmung des Infektionsgeschehens ist daher wichtiges Ziel. Es gibt in Österreich jedoch keinen zugelassenen Pertussis-Einzelimpfstoff, sondern ausschließlich Kombinationsimpfstoffe, die in unterschiedlichen Kombinationen auch Diphtherie, Tetanus, Polio, Hepatitis B, Poliomyelitis und durch Haemophilus influenzae Typ b (Hib) verursachte invasive Krankheiten abdecken.
Die Marktbeobachtung impliziert erfreulicherweise, dass die Impfquote für Kombinationsimpfstoffe, welche Pertussis abdecken, sowohl 2023 als auch 2024 angestiegen ist: es konnten rund 330.000 Impfstoffe in den ersten 10 Monaten Jänner-Oktober 2024 erfasst werden, was einer ca. 30%-igen Steigerung an abgegebenen Impfstoffen, verglichen mit jeweils den gesamten Jahren 2020 und 2021, entspricht.
Quelle: DPMÖ Next Level
Der zudem beobachtbare Anstieg des Absatztrends im Vergleich zur erfassten „Impfaktionsware“ legt den Schluss nahe, dass die mediale Berichterstattung zu einer Awarenesserhöhung und mehr Impfungen geführt hat:
Quelle: DPMÖ Next Level
Es steht zu hoffen, dass sich im Sinne der öffentlichen Gesundheit die Linien auch 2025 weiter nach oben entwickeln werden und von gesundheitspolitischer Seite die richtigen Weichen für eine Verbesserung der Impfsituation gefunden und ergriffen werden.